Deutscher SportpresseBall 2018 Seite 3 Der Meistermacher Die Eisprinzessin Heiner Brand holt sich seine PEGASOS-Trophäe nachträglich ab Katarina Witt wurde 2011 als erste Frau zur Legende des Sports Heiner Brand ist Dauer- gast. Den Deutschen SportpresseBall lässt sich der 66-Jährige ungern entgehen. Dennoch holt sich die 2007 gekürte „Legende des Sports“ die verdiente PEGASOS-Trophäe für den Titel erst in diesem Jahr ab. Einfach weil der Mann mit dem Markenzeichen Wal- rossbart zu früh dran war. Als Erste der Sportikonen, der diese besondere Ehre bereits zugesprochen wurde, kam der Gummersbacher bei seiner Auszeichnung noch nicht in den Ge- nuss, das erst 2014 eingeführte geflü- gelte Porzellanpferd überreicht zu be- kommen. Doch das holt man nun nach. Heiner Brand und der Handball, das ist seit Jahrzehnten eine scheinbar untrennbare Kombination. Was nicht erstaunt, wenn man bedenkt, woher der ehemalige Kreisläufer stammt: aus einer 50 000 Einwohner zählenden Stadt im Oberbergischen Kreis, deren Namen viele lediglich deshalb ken- nen, weil in ihr ein Verein für Leibes- übungen existiert, der seit der Grün- dung der Handball-Bundesliga vor mehr als einem halben Jahrzehnt als deren festes Mitglied gilt. So trat auch Brand wie seine beiden älteren Brüder als Kind diesem bei und entwickelte sich vom Talent zu einem Spitzenspie- ler. Für sein Bundesligadebüt bekam er im Übrigen noch kein Gehalt, son- dern einen Kredit für ein Auto in Hö- he von 1500 Mark. Sechs deutsche Meisterschaften so- wie Pokalsiege auf nationaler und eu- ropäischer Ebene schmücken seine Biografie. Seinen Club hat der mehr- malige „Handballer des Jahres“ nie verlassen, obwohl es Angebote gab. Schließlich war Brand auch mit dem Nationalteam erfolgreich, wurde etwa 1978 unter Vlado Stenzel Weltmeister. Ein Triumph, den er als Bundestrainer 2007 wiederholen sollte. Es war das berühmte Wintermär- chen, das der zehn Jahre zuvor vom Deutschen Handballbund (DHB) in das Amt Berufene mit seiner Mann- schaft schrieb. Und das vor heimi- scher Kulisse. Vor 20 000 Fans in Köln besiegte die deutsche Auswahl Polen im Finale mit 29:24 und versetzte durch ihre mitreißende Spielweise das ganze Land in einen Rausch. Mehr als 16 Millionen Menschen verfolgten das Duell vor den Fernsehschirmen, in der Folge sollte die Nachwuchsar- beit in Vereinen und Verbänden da- von gehörig profitieren. Auch ein Ki- nofilm, „Projekt Gold“, wurde über das Ereignis gedreht. „Das war etwas ganz Außergewöhnliches“, erinnert sich der Meistermacher an das gras- sierende Handball-Fieber. Mit teilweise unorthodoxen Me- thoden hatte der frühere Trainer sei- nes Heimatvereins und der SG Wal- lau/Massenheim es geschafft, ein Team zusammenzuschweißen. „Viel- leicht waren wir insgesamt gar nicht so gut wie in den Jahren zuvor, doch der Spirit war einzigartig“, hat Brand einmal gesagt. Auf dem vermeintli- chen Höhepunkt seines Schaffens an- gekommen, schoss ihm ein spontaner Gedanke durch den Kopf, den er nach dem Endspiel auf dem Feld dem nachnominierten Rückkehrer Christian Schwarzer mitteilte. „Ei- gentlich müsste ich jetzt aufhören“, habe er zu dem Spieler gesagt. Das tat er allerdings erst vier Jahre später und beendete selbst seine Ära, in der es mit dem Europameisterschaftstitel 2004 und Silber bei den Olympischen Spielen im gleichen Jahr sowie bei der EM 2002 und der WM 2003 noch mehr zu feiern gab. Als Manager blieb „Mr. Handball“ dem Verband nach seinem freiwilligen Rücktritt noch weitere vier Jahre erhalten. Bis heute ist der Familienvater als Fachmann gefragt. Die Trainerbank vermisst er nicht. Spiele der National- mannschaft verfolge er nur, wenn es in seinen Terminkalender passt. Oder er als Fernsehexperte auftritt. Ansons- ten findet man den Sportbegeisterten oft auf dem Golfplatz. Und in der Re- gel auch auf dem SportpresseBall. Ihr Lächeln verzaubert die Massen. Das war schon wäh- rend der aktiven Karriere so, als ihr sicher nicht immer da- nach zumute war. Und das ist bis heute so geblieben. Katari- na Witt, von einem Reporter des „Time Magazine“ mal als „schönstes Gesicht des Sozialismus“ bezeichnet, ist auch denjenigen in Erinnerung geblieben, die sonst nicht so viel übrig haben für das Laufen auf dem Eis, die Schritte, Sprünge und Pirou- etten, die viele nicht verstehen und deshalb auch nicht sonderlich span- nend finden. Doch Witt war schon als Sportle- rin anders, sie begeisterte mit ihrer Ausstrahlung und ihrem Charme. Äußerst erfolgreich war sie zudem, si- Katarina Witt und Heiner Brand präsentieren ihre PEGASOS-Trophäen. cherte sich in ihrer Laufbahn zwei Olympiasiege, vier Welt- und sechs Eu- ropameisterschaftstitel. Damit avancier- te sie beim Deutschen SportpresseBall 2011 auch als erste Frau zur „Legende des Sports“. In Staaken geboren und in Chem- nitz, damals noch Karl-Marx-Stadt, aus- gebildet, galt Witt in der damaligen DDR als Vorzeigeathletin. Die Bilder von der hübschen und fleißigen Eis- prinzessin, die sich von ihrer immer so streng wirkenden Trainerin Jutta Mül- ler gerne leiten und beraten ließ, soll- ten bald um die Welt gehen. 1979 nahm die heute 52-Jährige erstmals an Europameisterschaften teil, zwei Jahre später stand sie dort mit Silber deko- riert auf dem Podest. Die internationale Konkurrenz scho- cken sollte sie jedoch vor allem bei ih- rem Olympiadebüt in Sarajevo. Da- mals galt die Amerikanerin Rosalynn Sumners als Favoritin, war 1983 Welt- meisterin geworden, als die Deutsche Vierte war. Doch nach einem tempera- mentvollen Kurzprogramm lag Witt in Führung, und die Taktik, mit der sie in die entscheidende Kür ging, sollte ihre Erfolgsserie prägen. Auf Anraten ihrer Trainerin setzte sie auf Sicherheit, ver- zichtete auf den dreifachen Flip, um nicht zu viel zu riskieren. Es war nicht nur an dem Tag der richtige Weg, den die beiden einschlugen, um am Ende Gold in den Händen zu haben. Witt war auf dem glatten Parkett stets weni- ger die Springerin als die Tänzerin. Und nach dem Triumph mit einem Schlag jedermanns Liebling. Sie sollte noch ein zweites Mal auf den Olymp zurückkehren: vier Jahre später in Calgary, als es zum berühm- ten Carmen-Duell mit der Amerikane- rin Debi Thomas kam. Beide hatten sich zufälligerweise für die Opernmu- sik von Georges Bizet entschieden, aber ihre Rollen ganz unterschiedlich inter- pretiert. Witt entschied diesen Zwei- kampf zwischen kokettierender Künst- lerin und athletischer Sportlerin für sich, weil sie die sprungstarke Konkur- rentin mit einer sturzfreien Kür unter Druck setzte. Der Eiskunstlauf ist Katarina Witts Leben. Es fiel ihr schwer, sich von die- sem zu verabschieden. So kehrte sie nach einem Ausflug ins Showgeschäft auch noch einmal in die Amateurszene zurück, um bei den Olympischen Spie- len 1994 in Lillehammer in der ersten gesamtdeutschen Mannschaft anzutre- ten. Obwohl am Ende kein weiterer Medaillengewinn stand, erlebten sie und ihr Publikum noch einmal sehr emotionale Momente. Vor zehn Jahren hat Witt dann nach einer Abschiedstournee die Schlitt- schuhe endgültig in die Ecke gestellt, betätigte sich danach als Moderatorin, Expertin und Schauspielerin. Zudem ist sie mit ihrem Unternehmen an vie- len TV- und Showproduktionen betei- ligt, die sich um das Eislaufen drehen. Darüber hinaus engagiert sie sich auch in sozialer Hinsicht. Die Auszeichnung als „Legende des Sports“ hatte Witt schon bei ihrer Kür als „hohe Ehre“ bezeichnet. Und ihrer Hoffnung Ausdruck gegeben, dass ihr noch weitere Frauen folgen. Skirenn- läuferin Maria Höfl-Riesch konnte der Wintersportkollegin drei Jahre später den Gefallen tun. Sie war damit die Erste, die die PEGASOS-Trophäe gleich in die Hand bekam. Ballgeflüster Schon zweimal wurde Leichtathletin Gesa Felicitas Krause beim Deutschen SportpresseBall ausgezeichnet. 2013 als Nachwuchssportlerin, 2017 als „Sportlerin mit Herz“, wofür sie den PEGASUS-Preis bekam. „Heute bin ich das vierte Mal hier“, sagt die zweimalige Eu- ropameisterin im 3000-Meter-Hindernislauf. Gemeinsam mit Lebenspartner Marc Schultz freut sie sich auf einen Abend, „der mit seinen vielen Größen aus Politik und Sport auch eine Belohnung für ein gutes Jahr ist“. Sportlich vorbei ist das Jahr für sie noch lange nicht. Zwar stehen derzeit keine Wettkämpfe an, „aber viel Training“, sagt sie. Eintracht-Frankfurt-Legende Bernd Hölzenbein hat seine Tochter Sabrina Wagner mitgebracht. Die Wirtin vom Sachsenhäuser Apfelwein Wagner trägt ein Abendkleid in Rot – die Eintrachtfarben, wie sie betont – der Herr Papa trägt Schwarz. Frauenfußball-Star Nia Künzer trifft Dragoslav Stepanovic auf dem roten Teppich, flugs liegen sie sich in den Armen: Sie treten gemeinsam ein für die gute Sache als Botschafter für intellektuell beeinträchtigte Kinder. „Die Kinder kommen oft aus sehr schwierigen familiären Verhältnissen“, sagt der Eintracht-Frankfurt-Kult-Trainer Stepi. Auf den SportpresseBall freuen sich die beiden Ver- bündeten, weil alte Bekannte wiedertreffen eben richtig Spaß macht. Schon öfter wollte Anna Schaffelhuber zum SportpresseBall kommen. „Wegen der Saison hatte es nie geklappt“, sagt die siebenmalige Paralympics-Siegerin.